Aufbau (bzw. den Ausbau) einer Arbeitsgruppe "Geburtshilfe-Reform für selbstbestimmte Geburt"
Die Entwicklung von kurzfristigen und langfristigen Lösungsansätzen muss in einer dafür ausgewählten Arbeitsgruppe der Bundesregierung erfolgen und eine umfassende "Geburtshilfe-Reform" anstreben. (Dies kann nicht den Hebammenverbänden allein überlassen werden. Es müssen Vertreter sämtlicher an Geburt beteiligten Personen mitwirken, Elternverbände eingeschlossen.) Dafür müssen unbedingt sehr zügig finanzielle Mittel seitens der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden. Es geht hier um mehr als Familien- und Gesundheitspolitik, die Förderungspakete müssen transparent und öffentlich einzusehen sein. Eine entsprechende Bundestagspetition für eine umfassende Geburtshilfereform wurde im Jan. 2018 auf den Weg gebracht.
Diese Geburtshilfe-Reform muss Folgendes beinhalten:
Die 1996 gegründete IMBCI (International MotherBaby Childbirth Initiative) entwickelte 10 Schritte zum optimalen MutterBaby* Geburtsservice. [*MutterBaby stehen als integrale Einheit, daher zusammengeschrieben] - diese Schritte werden leider auch heute noch nicht alle in Deutschen Kliniken umgesetzt. Statt babyfreundliche Kliniken zu zertifizieren, wäre es sinnvoll, auch mutterfreundlichen - am besten "MutterBaby-freundliche" Klinken aufzubauen. Die konsequente Umsetzung der 10 Schritte ist Bedingung für eine gerechtere Geburtshilfe in Deutschland.
Die IMBCI ist Teil der White Ribbon Alliance, welche 2011 die Charta „Respektvolle Geburtshilfe“ in sieben Rechte für schwangere und gebärende Frauen definierte:
Es gilt Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, welche diese Rechte schützen.
© Mascha Grieschat, September 2014.
- mit Ergänzungen aus November 2015 und 2017
2018, mit der Ratifizierung der Istanbulkonvention, wurde es mir möglich, eine Bundestagspetition zum Schutz vor geburtshilflicher Gewalt zu stellen. Die Forderungen decken sich mit den oben genannten Maßnahmen. Leider wurde auch der Brandbrief von Christian Mundlos an Bundespräsident Steinmeier (2019) nicht ausreichend beachtet oder beantwortet, trotz der unbedingt nötigen konkreten Verbesserungsvorschläge.
Bisher wird der Fokus vor allem auf die HEBAMMENHAFTPFLICHTPROBLEMATIK gelegt, dies ist jedoch nur die Spitze des Eisberges. Hieran allein "herumzudoktern" bringt keine langfristige Lösung.
Lösungsansätze für eine verbesserte gerechte Geburtshilfe in Deutschland müssen weiter gehen und das bisherige System reformieren. Es gab eine Vielzahl von Petitionen zu diesem Thema. Allein Lieber Herr Gröhe (@groehe), retten Sie unsere Hebammen! erreichte im Jahr 2014 432.490 Unterstützer/innen.
Leider war die Reaktion von Gesundheitsminister Gröhe lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein:
"Damit die Hebammen die steigenden Haftpflichtprämien schultern können, haben wir [Bundesregierung] die Krankenkassen schon im Juli gesetzlich verpflichtet, mehr Geld bereit zu stellen. Dadurch erhalten die Hebammen seit 1. Juli 2014 zusätzlich 2,6 Millionen Euro. Ab Juli 2015 wird dieser Vergütungszuschlag durch einen dauerhaften Sicherstellungszuschlag abgelöst." (Gröhe-FB, 6.Okt.2014)
Denn das Geld geht direkt an die Versicherungen, verbessert werden weder die Arbeitsvergütung oder -bedingungen noch die Qualität für die Schwangeren, Gebärenden und Mütter.
Auch das Maßnahmenpaket des Bundesminesteriums für Gesundheit vom 17.12.2014 geht nicht weit genug. Die Namen und Schlagwörter des Pakets wie "Präventionsgesetz" oder "Versorgungsstärkungsgesetz" sind wohlklingend, bringen aber letztlich keine langfristige Lösung, denn sie beinhalten lediglich Aspekte wie eine Verlängerung von Inanspruchnahme einer Hebamme von 8 auf 12 Wochen (bei aber nur gleichbleibendem Kontingent von 16 Leistungen). Es wird also nicht mehr betreut, sondern länger. Dies als "Erfolg" oder "Verbesserung der Hebammen-Situation in Deutschland" zu bewerten, ist daher sehr fraglich. Zudem bereits jetzt ein Hebammenmangel bei der Vor- und Nachsorge besteht, vgl. Landkarte der Unterversorgung mit Hebammenhilfe (DHV). Dort wurden bis zum 24.02.2017 bereits 10.000 Unterversorgungsfälle gemeldet.
Wichtig ist zu sehen: Wir haben keine genaue wissenschaftliche Grundlage für die Qualität der Geburtshilfe in Deutschland. Hingegen schreibt Birgit Hibbeler im Ärzteblatt "In der hochemotional geführten Debatte um die Zukunft der freiberuflichen Hebammen darf man nicht vergessen: Es gibt in Deutschland ein hochwertiges geburtshilfliches Angebot." - dieses "hochwertige geburtshilfliche Angebot" ist jedoch ausschließlich mit "Mortalitätsraten" belegt. Die hohen Kaiserschnitt- und Interventionsraten sprechen hingegen dagegen. Über "Zufriedenheit" der Gebärenden mit dem 'subjektliven' Geburtserlebnis liegen keine Studien vor. Wenn also Mortalitätsraten (!) das Hauptargument für diese Hochwertigkeit sind, dann muss an den Kriterien "Was ist gute Geburtshilfe" gearbeitet und diese dann von Gesetzesseite her gestärkt werden. Nicht zu vergessen die physische (körperliche) und/oder psychische (mentale) Gewalt, welche viele Frauen unter der Geburt erleben. 2014 gab die WHO hierzu das Statement "The prevention and elimination of disrespect and abuse during facility-based childbirth." ab. Sie fordert:
„Die Prävention und Beseitigung von Respektlosigkeit und Misshandlung unter der Geburt. […] Jede Frau hat das Recht auf die bestmöglichsten Gesundheitsstandards, welche das Recht auf eine würde- und respektvolle Behandlung beinhalten.“ (WHO-Statement 2014, S.1)
Insbesondere fehlende Aufklärung über und fehlende Einwilligung zu medizinischen Interventionen beschneiden in Deutschland die Rechte der Frauen, aus Routine (Dauer-CTG, Entbindung auf dem Rücken) und Personalmangel entstehen z.T. respektlose Geburtsabläufe, welche mit vielen (unnötigen) Interventionen in einem großen Gegensatz zu derzeit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen.
Weiter hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2010 in seinem Urteil „Ternovszky gegen Ungarn" bestätigt:
Dieses Recht wird deutschen Frauen nicht anerkannt. Aufgrund der Haftpflichtproblematik kann in vielen Regionen Deutschlands der Geburtsort nicht mehr frei gewählt werden. Hausgeburten sind vielerorts nicht mehr möglich. Wegen der stark geschrumpften Anzahl an Beleghebammen, kann auch eine - privat zugezahlte kontinuierliche 1:1-Betreuung durch eine Beleghebamme nicht mehr garantiert werden. Dies ist eine Verletzung der Menschenrechte. Streng genommen haben viele Frauen schon lange keine echte Wahlfreiheit mehr.
Rückblick der Forderungen in Deutschland
Es gibt seit Jahren (!) eine Reihe von Forderungspaketen, die je nach Schwerpunktsetzung mehr oder weniger immer um diese oben genannten Kernforderungen bewegen.
Hier eine kleine Auswahl:
Mit "Aktiv gebären gibt Stärke! Eltern fordern..." (Mai 2014) stellt GreenBirth e.V. ein Forderungspaket vor, welches unterstützt wird von:
Deutscher Fachverband für Hausgeburtshilfe e.V.
Doulas in Deutschland e.V.
Happy Birthday e.V.
Team des "Kölner Geburtstages"
Verein für Mütter- und Familienpflege e. V. VvE
Verein zur Förderung vorgeburtlicher Erziehung e.V.
www.hausgeburtsforum.de
V.i.S.d.P.
Hervorzuheben sind ebenfalls die Forderungen von "Hebammenunterstützung.de" (Hebammenprotest=Elternprotest) "Familien fordern..." mit Begründungen, welche Gerechte Geburt ebenfalls unterstützt.
In Bezug auf die Kampagne zur Senkung der Kaiserschnittzahlen formulierte GreenBirth mit dem GfG 2012 Anregungen und Forderungen in einer Stellungnahme zum Aufruf des AKF (Arbeitskreis Frauengesundheit).