So gut viele Frauen von Hebammen und Ärzten/Ärztinnen betreut werden, so traumatisch und verstörend ist es für andere, wenn sie ohne fachlich gute und menschlich (sozial-emotional) angemessene
Geburtshilfe bleiben. Die Maßnahmen der Bundesregierung sind bisher nicht ausreichend. Viele Fragen blieben offen.
Zum Beispiel:
- 1|Was unternehmen Sie konkret gegen physische und psychische Gewalt in der Geburtshilfe? Diese reicht von verbaler Gewalt und Respektlosigkeit bis hin zu Körperverletzung und ist
in vielen Kliniken allein aufgrund von Zeit-/Personalmangel an der Tagesordnung. Die Kampagne Roses Revolution Deutschland hat deutlich aufgezeigt, dass viele Frauen betroffen sind. Kliniken oder das
statistische Bundesamt erfassen aber keine Daten über Gewalt in der Geburtshilfe, über "Unzufriedenheit" mit dem Geburtserlebnis, über fehlende Betreuung oder über fehlende Aufklärung oder
Einwilligung zu Interventionen (egal ob vor PDA, Oxytozintropf, Damm- oder Kaiserschnitt) oder über postnatale Depressionen (Zusammenhänge mit dem Geburtserlebnis), posttraumatische Belastungsstörung
nach traumatischem Geburtserlebnis. Es finden täglich Menschenrechtsverletzungen statt, die nicht einmal in Qualitätsberichten auftauchen! Die Patientenrechte sind diesbezüglich sehr schlecht.
Postpartale Betreuungsangebote betreffend der Aufarbeitung von schlimmen/traumatisierenden/menschunwürdigen Geburtserlebnissen sind rar, zudem müssen Leistungen, wenn sie nicht bei einem Psychologen
oder Psychiater in Anspruch genommen und dadurch (zum Teil) von der Krankenversicherung getragen werden, häufig privat bezahlt werden. Es bedarf der Prävention und der schnellen Hilfe!
Die Weltgesundheitsorganisation hat im September letzten Jahres gefordert: „The prevention and elimination of disrespect and abuse during facility-based childbirth.“ -
2014.
Wird dieser Empfehlung ebenso wenig Aufmerksamkeit geschenkt wie der Empfehlung zur Kaiserschnittrate (10-15%)? Wie kommt es, dass die Expertenmeinung der weltweit
anerkannten WHO so konsequent ignoriert wird?
- 2|Wie können Sie die (Patienten)Rechte der Frauen während der Geburt (sowie in der Schwangerschaft und im Wochenbett) stärken bzw. die Einhaltung ihrer Menschenrechte
sicherstellen? (Stichwort: Human Rights in Childbirth)
- 3|Wie planen Sie, Daten über Gewalt in der Geburtshilfe/Unterversorgung mit Hebammenhilofe zu erheben? Wird beispielsweise eine Stelle eingerichtet, bei der medizinisches
Fachpersonal sowie betroffene Frauen (und ihre Männer/Familien) – auf Wunsch anonym – Missstände, Unterversorgung (risikoreicher Betreuungsschlüssel) und Vorfälle melden können?
- 4|Planen Sie regional/bundesweite Hilfestellen einzurichten, bei der Frauen sich melden können, wenn sie traumatisiert wurden oder auch nur, wenn sie unzufrieden sind, weil sie
nicht aufgeklärt wurden, bevor ein Dammschnitt gemacht wurde oder bevor eine Einleitung begonnen wurde, die dann in einem Notkaiserschnitt endete oder wenn sie gar einen Kaiserschnitt ohne Narkose
(siehe Facebook-Gruppe) - erlebten, um schnelle unkomplizierte HILFE bekommen können? Falls ja, wann? Falls nein, warum nicht?
Eine schlechte Geburtsbetreuung ist kein Privatproblem und - leider - kein Einzelfall. Hebammenverbände schlagen Alarm: Betreuungsschlüssel liegt häufig nur noch bei
1:4!!! Eltern fordern längst "Rettet unsere Hebammen", sie sollen ihren Beruf so ausführen können, wie Mutter und Kind es brauchen.
- 5|Wenn Sie sagen, dass die Qualität der deutschen Geburtshilfe hervorragend sei, woran - außer an der Mortalitätsrate der Säuglinge - messen sie
diese? (Bitte mit Zahlen belegen.) – Krankenhausspiegel berücksichtigt. Könnten Sie sich in diesem Zusammenhang dafür einsetzten, dass beispielsweise Meldepflicht besteht für
MRSA-Infektionen auf Geburtshilfestationen, für Hebammenunterversorgung im Kreißsaal, Datenerhebung zu Interventionskomplikationen (z.B. Anästhesie)?
- 6|Welche Maßnahmen planen Sie, um die Kaiserschnittrate zu senken, die mit ca. 32% mehr als doppelt so hoch ist wie die Empfehlung der WHO, bzw. welche Maßnahmen planen Sie, um die
natürliche Geburt zu fördern?
Liegen Ihnen bezüglich der KS-Rate neue Empfehlungen vor? – die in der Drucksache 18/2249 auftauchende Antwort zu Frage ist nur unzureichend beantwortet. „Die Empfehlung
der WHO ist 30 Jahre alt. Sie wird derzeit überarbeitet. Ein Expertentreffen zur Aktualisierung der Empfehlung ist für Oktober 2014 geplant.“
Die WHO hat die ‚empfohlene‘ Rate von 10-15% im WHO Heath report 2010 bereits bestätigt und sogar bekräftigt.
- 7|Wie wollen Sie die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung von nicht/angestellten (außer)klinischen Hebammen/Entbindungspflegern konkret verbessern?
Der Sicherstellungszuschlag verbessert nicht das Einkommen der Hebammen.
- 8 | Angesichts der leider nicht greifenden Lösungsansätze (vgl. Stellungnahme des Elternprotests und Partnern): Inwiefern wollen Sie der Hebammenhaftpflichtproblematik
begegnen und wie wollen Sie wirklich verhindern, dass freiberufliche Hebammen ihren Beruf aufgeben und Frauen nicht mehr für die Vor- und Nachsorge sowie die Geburtshilfe bereitstehen?
Eine flächendeckende sichere Geburtshilfe sowie Vor- und Nachsorge ist derzeit nicht gegeben.
Vielen Dank für Ihre Antworten,
beste Grüße
Mascha Grieschat