Hamburg, Tübingen. 05.11.2018
Am 25.11. sind von Gewalt und Respektlosigkeit Betroffene (Mütter, Väter, Eltern und Begleitpersonen), Hebammen, medizinisches Fachpersonal und Auszubildende aufgerufen, ein Zeichen für eine würdevolle und gewaltfreie Geburtshilfe zu setzen. Sie sind dazu eingeladen, vor geburtshilflichen Einrichtungen, in denen sie Gewalt erlebt oder miterlebt haben, symbolisch eine rosafarbene Rose abzulegen und über ihre Erfahrungen zu berichten. Der Aktionstag Roses Revolution findet in 2018 zum sechsten Mal statt und erfährt wachsende Resonanz: Im Jahr 2016 haben fast 23% und in 2017 mehr als 25% der geburtshilflichen Einrichtungen in Deutschland Rosen vorgefunden. Die Organisatorinnen des Aktionstags gehen davon aus, dass sich in 2018 wieder viele Betroffene beteiligen werden.
„Die Roses Revolution macht ein Tabuthema öffentlich und zeigt, dass Geburten auch in deutschen Einrichtungen immer wieder mit Gewaltanwendungen einhergehen“, sagte Mascha Grieschat, Initiatorin von Gerechte Geburt und Mit-Organisatorin der Roses Revolution in Deutschland. „Jegliche Form von Gewalt verletzt das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit von Schwangeren und Gebärenden und deren Kindern. Das kann und darf nicht akzeptiert werden.“
Die Berichte, die Eltern und zum Teil auch Klinikpersonal im Zuge der Roses Revolution 2017 veröffentlicht haben, beschreiben körperliche, mentale und strukturell bedingte Gewaltanwendungen. Zudem legten sie nahe, dass vielfach massiver Druck ausgeübt und Angst geschürt werde. „Wir lesen oft, dass teils schmerzhafte Untersuchungen und Eingriffe ohne Aufklärung, Abstimmung und Einwilligung sowie ohne medizinische Notwendigkeit vorgenommen werden. Sogar Dammschnitte oder Kaiserschnitte werden ohne Zustimmung der Frauen durchgeführt“, sagte Mascha Grieschat. Auch respektloser Umgang und verbale Gewalt kommen immer wieder vor.
Seit dem Start der Roses Revolution in Spanien 2011 machen jährlich immer mehr Menschen auf Missstände in der Geburtshilfe aufmerksam. So zählte das Organisationsteam in Deutschland in 2014 noch 50, in 2017 schon knapp 200 Rosenniederlegungen. In 2018 werden sich insgesamt über 30 Länder an dem weltweiten Aktionstag beteiligen.
Durch die Roses Revolution ist "Gewalt in der Geburtshilfe" ein Begriff geworden und hat u.a. durch das preisgekürte
WDR-Radio-Feature „Weinen hilft Dir jetzt auch nicht!“ mediale Aufmerksamkeit erlangt. „Das Bewusstsein wächst, dass das Recht auf gewaltfreie Geburtshilfe essenziell ist. Wir fordern seit Jahren
politische Konsequenzen – doch echte Maßnahmen, wie im WHO-Statement von 2014 empfohlen, fehlen in Deutschland“, erläuterte Mascha Grieschat. „Nach wie vor gab und gibt es keine Reaktionen der
Bundesregierung, weder auf die jährlichen Pressemitteilungen und Aktionen, noch auf die seit Januar 2018 laufende Bundestagspetition für eine umfassende Geburtshilfereform. Darum werden wir auch in
diesem Jahr wieder das Schweigen brechen. Es muss sich etwas verändern.“
Roses Revolution Deutschland
Die Roses Revolution ist eine friedliche Revolution gegen Respektlosigkeit und Gewalt im Kontext von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Jede Rose steht als Symbol für das Leid der Betroffenen, für ihre Geschichte und ihre Verletzlichkeit. Roses Revolution Deutschland verfolgt das Ziel, den betroffenen Frauen, Müttern, Familien und Geburtshelferinnen eine Stimme zu geben: Für eine menschenwürdige und sichere Geburtshilfe. Mach mit!
Aufruf an alle, die bei einer Geburt Gewalt erlebt haben
Die Geburt Deines Kindes war unachtsam? Die Geburtshelfer haben Dich oder Dein Baby nicht so behandelt, wie Du es Dir
gewünscht hättest? Du hattest keine selbstbestimmte, gerechte Geburt?
Dann mach mit: Lege eine rosafarbene Rose vor die Kreißsaaltür, hinter der Dir Gewalt angetan wurde. Wenn Du magst, schreibe
einige erklärende Zeilen in einem Brief dazu.
Dokumentiere/Fotografiere Deine niedergelegte Rose anschließend und poste es mit dem Hashtag #rosrev z.B. bei Facebook, Instagram oder Twitter. Auf Wunsch kannst Du das Bild an uns schicken und wir veröffentlichen es anonym auf der Roses-Revolution-Facebookseite.
Außerdem werden Berichte aus dem Kontext Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett veröffentlicht. Teile Deine Geschichte mit der Welt: #mylabour #Schweigenbrechen
Download:
Pressekontakt: Team Roses Revolution Deutschland - siehe PDF-Dokument "Presseinfo" oder "Pressemappe"
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Vergangenes:
18.03.2018
Hamburg/Berlin. Die Initiative für gerechte Geburtshilfe in Deutschland fordert eine grundlegende Reform der Geburtshilfe in Deutschland, um physische, psychische und strukturell bedingte Gewalt bei Geburten zu verhindern. Noch bis zum 27. März 2018 können Interessierte die Petition mit der Nummer 76417 online unter https://bit.ly/Petition-2018 unterzeichnen.
„Gewalt in der Geburtshilfe ist ein Tabuthema. Aber auch in Deutschland sind nicht besprochene oder medizinisch nicht erforderliche Eingriffe sowie beleidigende Äußerungen bei Geburten an der Tagesordnung“, sagte Mascha Grieschat, Gründerin der Initiative für gerechte Geburtshilfe in Deutschland und Initiatorin der Bundestagspetition. Zudem könnten strukturelle Gegebenheiten wie Personalmangel oder starre Vorschriften zu Gewalt gegen Frauen, Ungeborene und Babys, aber auch gegen Väter und Begleitpersonen und medizinischem Personal führen. „Während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett werden täglich Menschen- und Patientenrechte verletzt und Versorgungsstandards nicht eingehalten“, so Grieschat. „Würde, Wahlfreiheit und Unversehrtheit müssen gegeben sein. Gewaltfreie Geburtshilfe ist ein Menschenrecht."
In ihrer am 27. Februar 2018 veröffentlichten Petition fordert „Gerechte Geburt“ den Deutschen Bundestag dazu auf, die Geburtshilfe in Deutschland grundlegend zu reformieren und entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen, um bundesweit eine respektvolle und gewaltfreie Versorgung werdender Mütter und ihrer Babys sicher zu stellen. Maßgeblich ist hier das von der World Health Organization (WHO) bereits in 2014 erarbeitete Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Gewalt in der Geburtshilfe. So fordert die Weltgesundheitsorganisation unter anderem die Ausweitung der Forschung zu Geringschätzung und Misshandlung bei Geburten sowie die Initiierung, Unterstützung und Unterhaltung von Programmen für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung für Mütter. Zum Schutz vor Diskriminierung, missbräuchlicher oder vernachlässigender Behandlung bei Geburten liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der wertschätzenden Versorgung.
Die Petition erhält breite Unterstützung: Zu den Erstunterzeichnern der Petition gehören u.a. Terre des Femmes e.V., die deutschen Hebammenverbände DHV, DFH, BfHD, der Arbeitskreis Frauengesundheit in der Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft (AKF), Doulas in Deutschland e.V. sowie die Bundeselterninitiative Mother Hood e.V.. In einer eigenen Pressemitteilung bezog der DHV Stellung: „Gewaltfreie Geburt ist ein Frauenrecht“. Ebenso fordert Frauenarzt und Congresspräsident von Geburtshilfe im Dialog aus Mannheim Dr. Ansgar Römer zur Unterzeichnung auf: „Es braucht Veränderungen, es braucht Reformen für Hebammen, GeburtshelferInnen und Eltern.“
Bis zum 27. März 2017 müssen 50 000 Unterschriften beisammen sein, damit es zu einer öffentlichen Anhörung im Petitionsausschuss kommt. Zur Unterzeichnung geht es hier:
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2018/_01/_28/Petition_76417.mitzeichnen.html
Pressekontakt: Mascha Grieschat - Initiative für gerechte Geburtshilfe in Deutschland - mascha.grieschat@gerechte-geburt.de, weitere Kontaktdaten im PDF-Dokument "Presseinfo"
Respektlosigkeit und Gewalt in der Geburtshilfe
WHO-Erklärungen
Istanbul Convention
Aktuelles
Unter Angabe der Quelle "Berichte der Roses Revolution Deutschland" dürfen unten stehende Fotos sowie die Zitiate verwendete werden.
Bericht Nr. 2 - Brief von einem Vater:
"... Ich wurde zur Untersuchung aus dem Kreißsaal verwiesen und musste mir die schmerzerfüllten Schreie meiner geliebten Frau tatenlos mit anhören. Was tun in solchem Moment? Ich lief hin und her,
hielt meinen Kopf der zu platzen drohte! Es reichte nicht, dass meiner Frau die Sinne genommen wurden,
es wurde ihr auch noch ihre Würde genommen...... (Aussagen der Ärztin: „Früher waren die Frauen wenigstens untenrum rasiert.“„Schläft die jetzt? Wir müssen hier auch arbeiten.“Wie soll das Kind denn
heißen? Dicke Tilla?“)..." (Aussage: "Frauen unter der Geburt sind eben ein bisschen empfindlich“).
Bericht Nr. 3 - Geburtshaus: "... Einer Mutter zwischen den Zeilen zu unterstellen, sie müsse ihr Kind töten wollen, wenn sie sich nicht in den Kaiserschnitt fügt, ist das allerallerletzte! Sogar ich als Laie konnte erkennen, dass das CTG sich nicht verändert hatte – und auch in unserer dicken Akte steht kein Wort von Lebensgefahr. Nur eine Liste von Scheinindikationen, die auch kumuliert einen Kaiserschnitt nicht nötig gemacht hätten. Jetzt bin ich hier und kämpfe nach all der Zeit immer noch mit Flashbacks und den körperlichen und seelischen Folgen dieser Nötigung..."
Bericht Nr. 7 - Folgen: ".... Seit zwei Wochen versuche ich die Geschehnisse auf Papier zu bringen, doch mir fehlt immer wieder die Kraft. Das was in dieser Nacht und den Folgetagen passiert ist, hat mich gebrochen. Ich war ein lebenslustiger und freundlicher Mensch, der sich mit viel Empathie und Hingabe um andere Menschen gekümmert und gesorgt hatte, jetzt bin ich depressiv, niedergeschlagen, verängstigt und habe den Glauben an das Gute im Menschen nahezu verloren...."
Bericht Nr. 11 - Mutter mit 17: "... Ich dachte damals ok, los geht ́s, jetzt bekommst du ein Baby ... Weit gefehlt. .... Das Ergebniss dieser Geburt war eine Depression, ein gestörtes Mutter Kind Verhältnis, Panikattaken und auch 17 Jahre später noch Schmerzen an der Narbe und der Seele..."
Bericht Nr. 17: "Ein tiefer Schnitt in meine Scheide – ohne zu fragen, ohne mir etwas zu sagen. Laut Klinik ist das bei Saugglockengeburten normal. Auch, dass sie die Frauen darüber nicht informieren.“ [Mutter, Luise Engel, teilt ihre Erfahrungen in einem Blogartikel: "Gewalt gegen Gebärende"]
Bericht Nr. 63: " ...Aber da ging es auch schon los. Die Hebamme sagte mir: „Ich muss Sie kurz untersuchen.“
Sie tastete, und dann, ohne jede Vorwarnung, durchfuhr mich ein schneidender Schmerz, der buchstäblich durch Mark und Bein ging. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet - ich stöhnte laut und mein
Körper bäumte sich auf. Es war mir peinlich, aber ich konnte mich selbst nicht daran hindern. Während ich mich zitternd aufrichtete, Adrenalin bis in die Haarspitzen, erklärte mir die Hebamme, dass
sie meinen Gebärmutterhals über den Muttermund geschoben hatte. Ich weiß nur noch, wie ich da halb benommen auf der Liege saß und stumm dachte: WIESO HAT SIE MIR DAS NICHT VORHER ERKLÄRT? Ist es
nicht selbstverständlich, einer Frau zu erklären, wozu ein Handgriff notwendig ist und sie darauf hinzuweisen, dass das kurz wehtun wird - BEVOR man ihn ausführt?"
Bericht - Eine Rose für meine Schwester: ".... Doch dieses Jahr liegt mir besonders die zweite Rose am Herzen. Ich habe sie für meine Schwester gekauft. Ich wollte sie persönlich beim Klinikum abgeben, dem Ort an dem aus meiner starken großen Schwester in diesem Sommer eine gebrochene Frau wurde. Ich habe mich so darauf gefreut, Tante zu werden und nun verbinde ich mit der Geburt meines ersten Neffens den schlimmsten Tag im Leben meiner Schwester...."
Hebammenbericht Nr. 3 - Mobbing im Kreißsaal: "...Ich als Studentin bekomme während meines Einsatzes im Kreißsaal kein Geld, darf den Kreißsaal putzen und zwar alle Schränke von innen und von außen, dabei würde einer examinierten Hebamme niemals in den Sinn kommen, einer Studentin zu helfen oder diese Art von Arbeit gemeinsam zu erledigen..."
Hebammenbericht Nr. 4: "... Frauen die unter PDA so derbe vaginal untersucht werden, dass ich mich frage - wo wollen die hinschauen? Frauen, die eine Epi bekommen, ohne gefragt zu werden. Oberärzte liegen auf den Gebärenden und prügeln die Kinder raus..."