Die Erklärung gegen Gewalt in der Geburtshilfe der WHO (The prevention and elimination of disrespect and abuse during facility-based childbirth. - 2014) wurde im August 2015 auf Deutsch veröffentlicht: Vermeidung und Beseitigung von Geringschätzung und Misshandlung bei Geburten in geburtshilflichen Einrichtungen.
Diese Erklärung war absolut notwendig. Mother Hood (ehemals Elternprotest) hat sich beteiligt, auch Gerechte Geburt hatte bei der WHO eine Übersetzung angefragt und um ein Deutsches Statement gebeten, da in Deutschland - wie international - kein Konsens zur wissenschaftlichen Definition und zur Erfassung von Geringschätzung und Misshandlung unter der Geburt besteht und Forderungen im politischen Kontext ohne genaue Daten nur schwer möglich sind ("Gewalt in der Geburtshilfe" wird nicht erfasst, bedeutet quasi, dass es sie gar nicht gibt - ein Trugschluss.) Die genaue Erfassung und Erforschung von Gewalt in der Geburtshilfe ist jedoch nur ein Aspekt der Empfehlung der WHO.
Inhalt der Erklärung
Da viele Frauen auf der ganzen Welt in geburtshilflichen Einrichtungen einen geringschätzigen und missbräuchlichen Umgang erleben, wird nicht nur gegen das Recht der Frau auf eine respektvolle Versorgung verstoßen, sondern auch gegen ihr Recht auf Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und das Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung. Die WHO-Erklärung ruft zu „einem vermehrten Engagement, mehr Dialog, Forschung und Fürsprache im Hinblick auf dieses gravierende Problem der öffentlichen Gesundheit und der Menschenrechte auf“. Im Kern heißt es:
„Jede Frau hat das Recht auf den bestmöglichen Gesundheitsstandard. Dies beinhaltet das Recht auf eine würdevolle und wertschätzende Gesundheitsversorgung. […] Vor allem haben schwangere Frauen das Recht darauf, mit Würde behandelt zu werden und die Freiheit zu haben, Informationen zu fordern, zu erhalten und weiterzugeben, frei von Diskriminierung sowie den höchstmöglichen Standard körperlicher und geistiger Gesundheit zu genießen, […]“
Hinsichtlich der Verbesserungsprogramme für Geburtshilfe heißt es ausdrücklich: „Ein besonderer Schwerpunkt muss die wertschätzende Versorgung als wesentliche Komponente einer qualitativ hochwertigen Versorgung sein."
Die empfohlenen Maßnahmen
Es besteht die Möglichkeit, die Erklärung als Organisation zu zeichnen:
„If your organization would like to endorse this statement, please contact: vogeljo@who.int” Gerechte Geburt unterstützt diese Erklärung.
GT - 03.08.2015
Nachtrag:
2019 untermauert die WHO ihr Statement mit umfangreicher Forschung aus vier Ländern (Ghana, Guinea, Myanmar und Nigeria) zwischen dem 19. September 2016 und dem 18. Januar 2018: New WHO evidence on mistreatment of women during childbirth - hier die im Lancet veröffentlichte Studie:
Es kann belegt werden, dass ein Drittel der Gebärenden von Gewalt betroffen ist.
Immer wieder gibt es den Vorwurf, man könne die Gewaltformen aus bspw. afrikanischen Ländern nicht mit denen aus Deutschland vergleichen. Dem ist zu widersprechen. Natürlich variiren die Formen der Gewalt. So gibt es in Deutschland beispielsweise auch bei weitem keine so hohe Rate an beschnittenen Frauen - eine gesellschaftlich oftmals noch akzeptierte Gewaltform in anderen Ländern. Der Kern von Gewalt ist Machtmissbrauch. Wofür diese Macht missbraucht wird, variiert. Siehe die Vielfalt der Facetten von Gewalt.